Bürgerpflicht: Die Stadverteidigung

Modell der Stadt Freiburg um 1590 mit Stadtmauer und Tortürmen. Museum für Stadtgeschichte, Freiburg
Modell der Stadt Freiburg um 1590 mit Stadtmauer und Tortürmen. Museum für Stadtgeschichte, Freiburg

Die Instandhaltung der Stadtmauern und -tore sowie die Verteidigung der Stadt im Kriegsfall war eine zentrale Bürgerpflicht. In Freiburg oblag diese den Zünften seit deren Anerkennung im Stadtrecht im Jahr 1293. In Friedenszeiten gab es außerdem noch von der Stadt bezahlte Wachen, die auf Mauern und Türmen patrouillierten und nach innen eher (feuer-)polizeiliche Aufgaben hatten.

St. Georg, Thann, Elsaß um 1400. Die Figur zeigt die im Text erwähnten Rüstungsteile.
St. Georg, Thann, Elsaß um 1400. Die Figur zeigt die im Text erwähnten Rüstungsteile.

Wie in den übrigen Städten des Reiches mussten auch die Freiburger beim Eintritt in eine Zunft und bei der Zuerkennung der Bürgerrechte eine militärische Ausrüstung vorweisen. Ein Hinweis darauf ist die Schwurformel, die die Freiburger bei der Vorstellung des neuen Bürgermeisters jährlich neu ablegten: Für den Fall eines Angriffs auf die Stadt schworen die Bürger "… das von stund an ein yeder mit sinem harnasch und gwer …" zur Verteidigung der Stadt bereitstehe. Worin "harnasch" (Harnisch wird hier ganz allgemein für "Rüstung" verwendet) und "gwer" (Waffen) im einzelnen bestehen mussten, ist uns quellenmäßig leider nicht überliefert. Einen Eindruck davon, welche Ausrüstung von einem Handwerker beim Zunfteintritt verlangt wurde, mag eine orts- und zeitnahe Quelle aus der verbündeten Stadt Straßburg zu vermitteln: "Ein gantz harnisch sol sin ein hube oder isenhut, ein krage, ein pantzer, ein blech, ein schurtz, ein paar hentschu, stoesse, beingewandt, ein spiess oder hallenbart oder ein mortax und ein swert". Zu einer kompletten Ausrüstung gehörten hier also: Helm (Beckenhaube oder Eisenhut), Kettenkragen, Kettenhemd, Brustplatte, Kettenschürze, Panzerhandschuhe, Armschienen, Beinzeug, Spieß, Hellebarde oder Mordaxt und ein Schwert. Die Ausrüstungsliste ist stattlich und unterscheidet sich - abgesehen von Pferd und Gefolge - kaum von der persönlichen Ausstattung eines Ritters, wie sie auf zahlreichen zeitgenössischen Skulpturen und Epitaphen zu sehen ist.

Stich von J.A. Seupel nach einer heute verschollenen Glasmalerei.
Stich von J.A. Seupel nach einer heute verschollenen Glasmalerei.

Dies belegt auch der im 17. Jahrhundert angefertigte Stich nach einem heute verschollenen Glasfenster aus dem späten 14. Jahrhundert. Dargestellt ist der Aufmarsch der Bannerträger der Straßburger Zünfte. Der einzige erkennbare Unterschied ist, dass Stadtadel und Patrizier reiten, die Zunftherren dagegen auf Karren fahren. Rüstung und Bewaffnung sind aber bei beiden Gruppen identisch. Ob die Freiburger eine ähnlich umfangreiche Ausstattung vorweisen mussten wie die verbündeten Straßburger, bleibt offen. Der Schluss liegt jedoch nahe, dass die "Sturmordnungen" v.a. eng benachbarter oder sogar verbündeter Städte recht ähnlich waren. Es kann darüber spekuliert werden, ob sich ein Handwerker eine ebenso qualitativ hochwertige und moderne Rüstung leistete (oder leisten konnte) wie ein Stadtadeliger oder Patrizier. Sicher investierte der Handwerker lieber in seinen Betrieb, anderseits hing im Ernstfall Leib und Leben von seiner Ausrüstung ab. Überdies wurde die Ausrüstung regelmäßig von den Zünften auf Zustand und Vollständigkeit kontrolliert und bei Nachlässigkeiten Geldstrafen verhängt.

Das Martinstor vor seinem Umbau im Jahr 1901
Das Martinstor vor seinem Umbau im Jahr 1901

Außer der erwähnten Ausrüstung im Privatbesitz kamen sicher auch Waffen aus dem städtischen Zeughaus zum Einsatz. Diese wurden an die übrigen Einwohner ausgegeben, damit sie die Verteidigung der Stadt unterstützten. Auch hiervon sind uns leider keine Zeughauslisten oder gar einzelne Stücke überliefert. Belegbar sind aus städtischen Besoldungslisten von der Stadt bedienstete Armbruster, so heißt es z.B. um 1390: "Item dem Armbroster IV lib." Den Armbrustern oblag die Anfertigung und Instandhaltung der Armbruste, die im Verteidigungsfall von der Stadt ausgegeben wurden.

Schließlich regelte noch die "Mauerordnung" die Zuständigkeit der einzelnen Zünfte für die jeweiligen Mauerabschnitte im Verteidigungsfall und bei der Instandhaltung in Friedenszeiten. Man setzte praktischerweise die einzelnen Zünfte möglichst für die Mauerabschnitte ein, in deren Nähe sich die jeweilige Handwerkergasse befand. Heute sind das Martinstor und das Schwabentor (beide sind um 1900 stark verändert und aufgestockt worden) die einzigen verbliebenen Tortürme der einstigen Stadtbefestigung.

 

Literatur:

 

Martin, Paul , Wehr- Waffen- und Harnischpflicht der Straßburger Zünfte im 14. Jahrhundert, In: Waffen- und Kostümkunde, 17.1975

 

Schadek, Hans , "Wenn die sturmglock oder das mortgeschrey zu Friburg gat" Das Wacht- und Wehrwesen der Stadt, In: Geschichte der Stadt Freiburg, Bd. 1, Freiburg, 1996

 

Schreiber, Heinrich (Hg.), Urkundenbuch der Stadt Freiburg im Breisgau Bd. 2, Freiburg, 1829